Heinz Pangels
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Leserbriefe - Kolpingblatt 01

Glaube und Leben

Briefe an uns - Ein Brief vom 04. Dezember 1985

in: Kolpingblatt 1986, Nr. 1 / Januar, 
Forum und Information, S.11

Betr.: Bericht im Kolpingblatt 12/85 Seite 10:
"Glaube und Leben", Stand und Ergebnisse der Arbeiten am Seligsprechungsprozess Kolpings

Adolf Kolping bedarf keines so langen und schwierigen Prozesses, um als Mensch, geistiger Führer und als Mann der Kirche anerkannt zu werden. Als ein Mann der Tat hat er sich längst in der Geschichte einen festen Platz geschaffen. Sein Geist, sein Idee und sein Werk sowie sein Leben stehen als eine geschlossene Einheit dar.

Ich halte es daher für eine entwürdigende Angelegenheit, jede Seite seines Lebens, jedes Wort, das er geschrieben, mit Infrarot zu durchleuchten, um vielleicht auch nur ein Körnchen menschlichen Makels an ihm zu finden, das in einem Prozess ausgewaschen und aufpoliert werden muss.

Damit wir uns richtig verstehen: Ich habe nichts dagegen einzuwenden, wenn ein Verband wie dieser Fakten über seinen geistigen Vater sammelt. Ich habe wohl etwas dagegen, wenn diese dazu benutzt werden, um vielleicht nachzuweisen, dass er noch mehr war als ein Mensch!!! Hier drängt sich mir die Frage konkret auf: "Was ist der Mensch?" Meine Antwort: "Der Mensch ist ein Geschöpf und Ebenbild Gottes!" Damit ist alles gesagt. Gott hat den Menschen geschaffen und er liebt auch diesen Menschen. Er nimmt ihn an und beschenkt ihn mit reichen Gnadengaben. Dass der Mensch gleichzeitig mit Fehlern, Schwächen und Unzulänglichkeiten behaftet ist, ist uns allen hinreichend bekannt.

Für mich persönlich war Adolph Kolping schon immer ein Vater, ein geistiger Führer und ein Vorbild, an das ich mich halten konnte. Ich verehre ihn auch ohne Selig- oder Heiligsprechung. Er hat seinen festen Platz in meinem Herzen und er wird ihn auch für immer behalten.

Große Persönlichkeiten und gute Ideen setzen sich in der Geschichte auch ohne Heiligsprechung durch. Wenn Kolping in 120 Jahren bis zum heutigen Tag Vorbild sein konnte und noch immer ist, wird er auch in Zukunft noch Anhänger haben und mit seiner Idee zünden und begeistern!

Unsere heutige Menschheit lechzt mehr denn je nach Vorbildern mit menschlichen Zügen. Ich erinnere hier nur an Mutter Teresa, Roger Schutz und Dom Helder Camera sowie Martin Luther King. Sie haben bei den Menschen mehr Sympathien gefunden, als manch groß gefeierter Heilige, weil diese Persönlichkeiten soviel Menschlichkeit, Schlichtheit, menschliche Wärme und ein Stück Hoffnung ausstrahlen. Menschlichkeit ist heute gefragt, Güte, die versteht, Liebe, die verzeiht. Verklärte Blicke auf hohem Sockel sind nicht erreichbar.

Was hat die Menschheit an Johannes XXIII. so fasziniert? Was machte seine Faszination aus? Es war seine Güte und Milde, sein Lächeln und seine Offenheit; schlicht: seine Menschlichkeit! Diese war das Siegel seines Pontifikates. Durch seine menschlichen Züge auf allen Ebenen hat er Zugang zu den Herzen der Menschen gefunden. Sein Lächeln hat ihm die Sympathie der ganzen Welt eingebracht; ob Christ oder Nichtchrist, ob Arme oder Reiche, sie alle mochten ihn und waren glücklich, einen Menschen auf dem Stuhle Petri zu wissen. Warum wurde er so geliebt? Weil er auf dieser Stelle nicht seine menschlichen Züge ablegte, weil er Mensch war und es auch noch im Tode blieb.

Darum würde ich sagen: Man sollte ihn nicht heiligsprechen. Er wird auch ohnedem als Heiliger verehrt, weil er ganz Mensch geblieben ist und als solcher Zugang zu den Herzen vieler in der Wett gefunden hat. Als Heiliger kann er sich nicht mehr unter das Volk mischen, was er so gerne getan hat; dann steht er auf einem festen Sockel und kann nicht mehr herunter.

Was Adolph Kolping betrifft, würde ich ebenfalls sagen: Wenn die Kurie in Rom es in einhundertzwanzig Jahren nicht fertig gebracht hat, einen solchen Mann mit einem solchen Werk in die Schar der offiziellen Heiligen einzureihen, sollte man großzügig darauf verzichten. Sein Geist und sein Werk brauchen nicht diese Anerkennung, um bestehen zu können. Das Werk wird von seinem Geist und seiner Idee weitergetragen werden. Darum sollte uns das Buhlen darum nicht die rechte Art sein. Die für den Prozess aufzuwendenden Mittel sollten hierfür nicht verwendet, sondern verdoppelt oder gar vervielfacht und in Brasilien und Lateinamerika für die Idee Kolpings investiert werden. Nur so kann verhindert werden, dass uns der Mensch Adolph Kolping genommen und seine Menschlichkeit total zerpflückt wird. Lieben wir und ehren wir diesen Menschen, wie er gewesen ist. Machen wir aus ihm kein Standbild.

Warten wir also nicht ab, bis es Rom gefällt, Adolph Kolping selig- oder heiligzusprechen. Lassen wir Kolping mitten in dieser Welt, mitten im einfachen Volk, aus dem er stammt. Wirken wir in seinem Geiste weiter, damit dienen wir Gott und der Welt weitaus mehr, als ihn kostspielig zu Ehren der Altäre erheben zu lassen, wo er für viele nicht mehr erreichbar ist. Gott und die Geschichte haben längst ihr Urteil über ihn gefällt. Er ist bei Gott und durch sein Werk bei uns. Im Lichte Gottes und der Ewigkeit sieht ohnehin vieles anders aus, als wir es uns vorstellen. Die Verehrung und Zuneigung ist ihm auch so sicher, vielleicht auch anhaltender, weil er noch mitten unter uns ist.

5330 Königswinter-Oberdollendorf
Heinz Pangels

 

© Heinz Pangels, 12/1985
eingestellt: 09/2006

 

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