Heinz Pangels
Friedensgebete
Vertrauter Umgang
Zwei Seiten
Weihnachtsgruß
Weihnachten
Ostern
Pfingsten
Psalmen nach Buber
Segensgebete
Meditationen
Über die Liebe
Texte und Gebete
Leserbriefe
Copyright

Leserbriefe - Kolpingblatt 02

Behinderung bedeutet nicht unbedingt Leid

Meinung zum Leserbrief "Individuum schon bei der Zeugung?" (in: KB 7/8/2001)

KOLPING WIEN ZENTRAL 
INTERNET - Leserforum 11 - Kolpingblatt 09/2001

Die Diskussion um die Embryonenforschung und die Einsetzung eines "Nationalen Ethikrates" schrecken mich ebenso auf wie seinerzeit die Diskussion über die Thesen von Peter Singer. Auch habe
ich die Diskussion im Bundestag und viele andere mehr verfolgt. Die Thesen in dem vorgenannten Leserbrief kann ich nicht teilen, da ich mich selbst mit dieser Materie seit vielen Jahren auseinander gesetzt habe. Ich bin selbst behindert und von daher gewiss nicht gegen das Heilen von Krankheiten und Behinderungen. Immer wieder habe ich mich dafür ausgesprochen und gesagt: Wir müssen heilen, lindern, und wo dies nicht ganz gelingen kann, versuchen, das Leid soweit wie möglich erträglich zu machen. Leid ist ein Stück menschlicher Unvollkommenheit; aber Leid kann auch eine Herausforderung bedeuten! Ein behinderter Mensch betrachtet seine Behinderung nicht immer automatisch als Leid, unter dem er unsäglich leidet. Es gibt genügend Beispiele von Behinderten, die sich eine eigene Lebensqualität geschaffen haben, um die sie manch ein Gesunder beneidet. Mancher Behinderter ist weniger behindert als ein "Nichtbehinderter", und manch ein Behinderter fühlt sich durch "Nichtbehinderte" mehr behindert als durch seine eigene Behinderung.

Wenn wir aber beginnen, menschliches Leben zu vernichten, um menschliches Leid auszurotten oder gänzlich auszuschließen, beschreiten wir einen falschen Weg, dessen Auswirkungen wir nicht absehen können. Die Gentechnik und Embryonenforschung wird unweigerlich zur Selektion, zur Aussonderung von krankem und somit "unwertem Leben" führen. Wenn wir alle Mittel und Anstrengungen aber für die Weiterentwicklung vorhandener Möglichkeiten, Leiden zu heilen, zu lindern und vor allem für eine gute Bildung, Ausbildung und Integration von behinderten Menschen einsetzen, wird das der Gesellschaft auf Dauer eine tiefere Befriedigung und einen größeren Gewinn bringen, als der Versuch, sich als Schöpfer aufzuführen.

In der Embryonenforschung und auch in der Präimplantationsdiagnostik sehe ich - wie viele andere - eine Selektion, Aussonderung von krankem und behindertem Leben von Beginn an, weniger die Heilung von kranken Menschen, wie man oft behauptet. Während meiner diesjährigen Reha-Maßnahme im April/Mai hatte ich in dieser Angelegenheit ein Gespräch mit einer Dipl.-Pädagogin und einer Mitarbeiterin einer Schwangeren- und Konfliktberatung, in dem auch zum Ausdruck kam, dass pränatale Untersuchungen und die PID die meisten schwangeren Frauen mehr verunsichern als ihnen Sicherheit geben, mit der sie in Freude ihrer Niederkunft entgegensehen könnten. Ich habe dabei zum Ausdruck gebracht, dass diese Untersuchungen Segen und Fluch zugleich sein könnten.

Mit der Einsetzung des "Nationalen Ethikrates" möchte sich "Macher Schröder" als "Macher und Motor" der deutschen Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft (Forschung) präsentieren, und um es mit einem "verdeutschtem schlechten Wort" zu sagen: "einschleimen", damit er als Förderer gefeiert wird und es für sich politisch ausschlachten kann. Mit vielen anderen bin ich der Auffassung, dass die Einsetzung eines "Nationalen Ethikrates" neben den bereits bestehenden Kommissionen ein grandioser Etikettenschwindel, eine Augenwischerei ist und als Alibifunktion herhalten soll und muss, damit man vordergründig behaupten und beweisen kann, dass man alle Seiten eines heiklen Themas abgeklopft hat und im Interesse der Forschung und Wirtschaft einen Beschluss herbeiführen kann und vielleicht auch muss.

Zum Schluss möchte ich nur noch einmal ganz kurz auf den oben genannten Leserbrief zurückkommen und sagen, dass nach meiner und vieler anderer Erkenntnis mit der Verschmelzung von Ei und Samen alle Merkmale eines Menschen vorhanden sind, also ein Individium existiert, das nach dem Grundgesetz "schutzwürdig" und "schutzbedürftig" ist. Wir müssen lernen zu erkennen, dass wir nicht alles Leid aus dieser Welt verbannen können, und auch, dass wir nicht alles machen dürfen, was wir vielleicht einmal machen können. Wir sind noch immer ein "Geschöpf" und kein "Schöpfer". Wir sollten uns dieser Tatsache bewusst werden und nicht in diese Versuchung kommen, den Menschen "nach unserem Bild zu machen"!

Heinz Pangels,
53639 Königswinter

 

© Heinz Pangels, 09/2001
eingestellt: 09/2006

 

Zurück Übersicht Weiter