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Meditationen - Von ganzen Herzen lieben?

Von ganzem Herzen lieben?

(Markus 12, 30-31)

Guter Gott:

Ich danke Dir als meinem Schöpfer für jeden neuen Tag und für all das Gute, das ich erleben und erfahren darf.

Ich danke Dir jeden Tag aufs Neue für die herrliche Natur, für die Blumen der Felder, für das Blühen der Bäume und Sträucher, für das Erwachen Deiner Schöpfung. Besonders aber danke ich Dir, dass Du mir liebe und gute Menschen zur Seite gestellt hast und ich vielen begegnen durfte.

Für all das Gute danke ich Dir und will Dich loben und preisen.

Nun aber lautet das christliche Hauptgebot:

"Du sollst den HERRN, Deinen GOTT, lieben mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele, mit all Deinen Gedanken und mit all Deiner Kraft."
Ein zweites Gebot kommt diesem gleich:
"Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst."

Lieber Gott: Ich erkenne Dich ja als meinen Herrn und Gebieter an, da Du mein Schöpfer bist. Ich danke Dir auch für all das Gute, das ich von Dir empfangen habe.

Aber ich frage mich immer öfter: Kann ich Dich lieben? Kann ich jemand lieben, den ich nicht kenne? Kann ich jemand lieben, von dem ich nur vieles gehört, den ich aber niemals gesehen habe? Liebe bedarf eines Gegenübers. Du bist zwar als mein Schöpfer mein Gegenüber. Ich will und kann daran glauben, dass Du mich als Dein Geschöpf liebst, sonst hättest Du mich nicht geschaffen.

Aber wie soll ich Dich, großer Gott, lieben, wirklich liebhaben, wenn Du mir doch so ferne bist und so unbekannt? Zwar hat Dein Sohn, als er hier auf Erden weilte, von Dir und Deiner Liebe zu uns Menschen gesprochen. Das ist aber fast zweitausend Jahre her, und ich lebe heute!

Je älter ich werde, je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr frage ich mich:

"Ist es möglich, GOTT oder jemand zu lieben, den ich nicht kenne?"

Weißt Du: Früher hatte ich auch so meine Schwierigkeiten mit dem Singen des Liedes:

"Ich will Dich lieben, meine Stärke."

Kann ich Dich nicht lieben, weil ich nicht glauben oder vertrauen kann?

Glauben heißt doch im Wesentlichen: vertrauen! Und vertrauen tue ich dir doch mächtig! Ich weiß, daß Du mich liebst. Du hast mich nicht geschaffen, um mich der Vernichtung preiszugeben. Du willst, daß ich lebe und glücklich bin.

Aber all dieses Vertrauen weckt bei mir noch keine über-schäumende Liebe zu Dir; Du bist mir ja so unendlich fern, wenngleich ich auch an Deine Allgegenwart glaube!

Ist das so entsetzlich, wenn ich Dich nicht so "von ganzem Herzen" lieben kann, wie es in der Schrift steht?

Ich danke Dir, lobe und preise Dich, ehre Dich als meinen Herrn und Gott! Aber lieben?, ist das überhaupt möglich? Vermag ich überhaupt zu ermessen, was das heißt? Du bist so unendlich groß, ich bin so entsetzlich klein! Hilf mir, o Gott, es zu begreifen, zumindest zu erahnen!

Wie steht es mit dem zweiten Gebot, dem Gebot der Nächsten-liebe? Wer ist hier mein Nächster? Und wie soll ich meinen Nächsten lieben, wenn ich ihn nicht kenne? Und, guter Gott, was heißt hier: "wie Dich selbst"?

Lieben kann man doch nur das, was man gern hat und annimmt!

Kann ich mich so lieben, wie Du mich geschaffen hast? Gewiss, guter Gott, ich will nicht undankbar sein. Du hast mich viel Gutes trotz allem erfahren lassen. Aber mich lieben, in diesem Zustand? Das übersteigt mein Fassungsvermögen! Liebe setzt doch Annahme voraus! Und wenn ich mich so nicht annehmen kann, wie Du mich geschaffen hast, wie soll ich mich dann lieben?

Und den Nächsten lieben, heißt doch konsequent, ihn erst einmal annehmen, so wie er ist, wie Du ihn erschaffen hast, mit all seinen Fehlern und Schwächen! Ist das nicht ein bisschen zuviel verlangt, wenn mich mein Nächster überhaupt nicht leiden kann?

Also weißt Du, lieber Gott, mit dem Gebot der Gottesliebe und der Nächstenliebe hast Du mir etwas "Schönes" aufgehalst! Wie soll ich damit fertig werden? Und was machst Du mit mir, wenn ich dereinst vor Dir stehe? Kannst Du mich dann noch lieben?

© Heinz Pangels,13.04.1994

Erstveröffentlichung im „ANEIGER FÜR DIE SEELSORGE Nr.2/1995 Seite 91 unter “Geistliche Impulse“, 2003

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© Heinz Pangels, 2009

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